Foto: Thomas Michalski
Zum Titelbild
In der durch Bischof Bernhard gegründeten Klosterkirche von St. Godehard im Jahre 1133 sind zwei bedeutsame ornamentierte Türbogenfelder (Tympana) vor der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg bewahrt geblieben.
Auf den Tympana der St.-Godehard-Basilika sind zwei Verkündigungsarten vertreten:
am Hauptportal des nördlichen Seitenschiffes eine a b l e s b a r e Christusdarstellung zwischen Heiligen (Titelbild), am Portal des südlichen Seitenschiffes eine s y m bol h a f t e, bisher nicht gedeutete Komposition von Baummotiven:
Auf dem Bogenfeld des Hauptportals dominiert in der Mitte Christus als Halbfigur zwischen zwei durch Mitra und Nimbus (Heiligenschein) gekennzeichneten seitlichen Halbfiguren. Bei der rechten Figur mit dem
Modell der Godehardikirche in der linken Hand muss es sich um den Kirchenstifter Bischof Bernhard (1130-1153) handeln. Die andere Bischofsfigur mit dem Buch in der Hand stellt den Kirchenpatron Godehard dar.
Bei beiden Darstellungsweisen haben die Bildwerke in der Regel belehrende oder ermahnende Tendenz mit dem Ziel, den Betrachter aufzufordern, das Gute im Sinne des Evangeliums zu tun und den Heiligen nachzueifern, um die verheißene Seligkeit zu erlangen. Dabei nehmen Weltgerichtsvisionen nach der Offenbarung des Johannes einen besonderen Raum ein.
Quelle: Kurt Fleige, Die symbolhaft verschlüsselte Endzeit-Verheißung auf Tympanon-Relief von St. Godehard Hildesheim
Regina Michalski
Foto Thomas Michalski
Vorwort
Versuche einer Annäherung
Liebe KKVerinnen und KKVer!
Jemand, der sich dem Portal der Godehardbasilika in Hildesheim nähert und dabei den Blick aufrichtet, entdeckt ein Tympanon (s. Titelseite) mit der plastischen Darstellung eines Christusbildes in seiner Mitte. Ein solches Bildwerk bleibt aber nur ein „Bild“, ein Hilfsmittel, um Wirklichkeiten und das, was gemeint ist, nachvollziehbarer zu verstehen: seine geistig/geistliche Dimension.
Was könnte Christus dem Besucher heute sagen wollen?
I. Vielleicht:
… es ist gut, dass Du jetzt da bist, überhaupt, dass es Dich gibt, denn ich will, dass Du bist. Ich habe Dein Innerstes geschaffen, Dich gewoben im Schoß Deiner Mutter (Ps 139,13).
Sei gewiss, dass Du mir immer willkommen bist. Ich möchte Dir meine Nähe zeigen, Dich bedingungslos annehmen und beschenken, so wie Du bist.
Daher: Fürchte Dich nicht, denn Du musst nicht um Erlaubnis bitten, Du selbst zu sein.
Ich bin da für Dich und ich bleibe Dir treu, denn ich kann mich nicht selbst verleugnen! Tritt ein in einen heiligen Raum, in die heilende Sphäre Gottes, der Dich in eine ungeahnte Begegnung mit ihm führen möchte und Dich bei ihm zu Ruhe, Trost und Frieden kommen lassen will.
II. Vielleicht:
… eingetaucht in das „Milieu Dieu“ spürst Du an diesem „Anders-Ort“ eine fast betroffen machende Wertschätzung und Nähe unter dem Blick der Liebe des absolut Guten, der eine innere, tiefe, persönliche Beziehung zu Dir ersehnt, der Dich ernst nimmt und sich Dir in den Gestalten von Brot und Wein ganz schenken will. Mit einer Liebe, die fragt: „Woran leidest Du?“ und: „Was willst Du, dass ich Dir tue?“ (Mk10,51). Im Haus meines Vaters möchte ich Dir einen Platz bereiten. Mach Dich auf den Weg zu mir und lass mich Dein Gott sein, denn ich rufe Dich in meine Nachfolge ohne Wenn und Aber (LK 9,57-62) dorthin, wo Gott alles in Allem ist. Geh den inneren Weg mit mir zum Licht und erinnere Dich an Mose: Ich bin Feuer und Flamme auch für Dich, obwohl ich Geheimnis bleiben muss, denn sonst würde ich nicht Gott sein.
Bedenke: Dieses „Milieu Dieu“ ist sicher keine emotionale Kuschelecke für eine ach wie nette, schöne, christentümliche Gefühlswelt von Gleichgesinnten oder für eine leichtfertige, fromme Überheblichkeit. Du musst hier nicht Deine eigene Wichtigkeit inszenieren. Es geht vielmehr um Dein Leben in meiner Nachfolge (s. Mt 5-7), um Deine Hoffnung und Dein Ur-Vertrauen, um Deine Glaubens-Überzeugung und das Erkennen der Zeichen der Zeit, und um die Zeichen der Anwesenheit Gottes mit seinem Geist hinter allen Dingen und in Dir, mit einer immer für Dich fraglos da-seienden, unhintergehbaren, zuvorkommenden Liebe. (1 Johannes 4,8-12)
III. Vielleicht:
… wenn Du jetzt wieder hinausgehst in Deinen Alltag und mir nachfolgst, kann uns nichts trennen (Römer 8,31-39), denn längst bist Du eingetreten in das Reich Gottes, das schon mitten unter uns ist.
Selbst das derzeit wenig ansehnliche Erscheinungsbild der institutionellen Seite von Kirche, die aus der Zeit gefallen zu sein scheint mit ihrer ramponierten Glaubwürdigkeit, und über das Du Dich zu Recht empörst, lässt Dich am Ende gelassen bleiben und nicht mutlos werden. Du wirst es daher nicht überschätzen, denn wer sich an Gott bindet und an ihm festhält, wird frei und unabhängig von allem Anderen. Sei mein Jünger, der nicht perfekt sein muss, der aber durch mich das wahre Wesen Gottes kennt: Liebe, Güte und Barmherzigkeit, und zwar bedingungslos und leistungsfrei.
Bleib in mir (Joh 15,4) auch wenn es heute alles andere als leicht ist, mich in Deinem Innersten zu verteidigen, und bleib empfänglich für mein Evangelium, denn ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. (Joh. 14,6)
Liebe KKVerinnen und KKVer!
Wie geht Christsein heute? (…damit die Sache Jesu weitergeht?)
… Vielleicht, indem ich zuversichtlich:
… den eigenen Gotteserfahrungen traue?
… meine Gottesbeziehung als Geschenk annehme und darauf antworte?
… im Alltag schlicht und einfach ein glaubhafter Zeuge meiner Hoffnung bin
… mich zweckfrei dem Geheimnis Gottes überlasse, denn Gott allein genügt?
… Gott wahrnehme im konkreten Anderen (einem Bedürftigen, Mt 25,40), und … in der Erfahrung von Freundschaft und Liebe?
… die Bibel lese,… bete, …einfach lebe,
… bei Jesus bleibe, (Joh 15,4)…?
Ein Hymnus:
Auf dem tiefsten Grund meiner Seele Im innersten Raum meines Herzens
wohnst Du in deinem Schweigen, wachst du in aller Stille,
atmest du in deiner Treue, wartest du in unendlicher Geduld,
wirkst du durch deine Kraft, bist Du wahrhaft gegenwärtig,
mein Gott in mir. mein Gott in mir.
Auf dem heiligen Boden in mir Auf meinem inneren Weg
erscheinst Du in dornigem Feuer, gehst Du mit mir,
suchst du das Gespräch mit mir, stehst du zu mir,
offenbarst Du mir deinen Namen, führst du mich zum Licht,
mein Gott in mir. verlässt du mich nicht,
mein Gott in mir.
(Paul Weismantel)
Herzlich, Ihr
Heiner Flohr
Foto: Ausschnitt, Thomas Michalski