KKV-Aktuell, Oktober 2025


Foto: Thomas Michalski

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Der Nasenzwicker

Beim Besuch der Maiandacht in St. Joseph in Gronau machte uns Diakon Jens Pohl auf die interessante Holzskulptur am Aufgang zur Kanzel aufmerksam.

Hier findet die Redewendung „sich an die eigene Nase fassen“ eine bildliche Darstellung. Sie bedeutet, dass man selbstkritisch sein und zuerst die eigenen Fehler oder Mängel betrachten sollte, bevor man andere kritisiert. Es geht darum, die eigene Verantwortung zu erkennen und nicht voreilig mit dem Finger auf andere zu zeigen. 

Und daran sollte der Pfarrer vor seiner Predigt – in früheren Zeiten von der Kanzel – erinnert werden.

Die Redewendung hat ihren Ursprung wahrscheinlich in einem alten Rechtsbrauch, bei dem jemand, der eine falsche Beschuldigung widerrufen musste, sich an die eigene Nase fasste, um seine Worte zu bekräftigen

Ein „Nasenzwicker“ ist im Übrigen eine umgangssprachliche Bezeichnung für die Doppel-Flügel-Frucht des Ahorns, die Kinder gerne im Herbst an der Nase befestigen. 

Regina Michalski

Vorwort

Liebe KKVerinnen, liebe KKVer,

letztens las ich im vom KKV Hildesheim abonnierten Heft IMAGE einen Text zum Thema GEMEIDE, der mir gut gefiel.

Wir verwenden ihn diesmal als Vorwort.

Michael Tillmann schreibt:

Schaue ich in die Apostelgeschichte, dann wird schnell klar: Am Beginn der Kirche standen Gemeindegründungen – lange, bevor es eine übergeordnete „Institution“ gegeben hat. Klar, können Sie mit Recht einwenden, anders geht es ja auch nicht: Eine Kirche ohne Gemeinden ist schlicht nicht denkbar. Wirklich nicht?

Ich formuliere jetzt einmal bewusst pointiert, meinetwegen auch überzogen: Schaue ich auf die Entwicklung der Kirchen, gewinne ich den Eindruck, dass nicht wenige in leitender Funktion glauben, Kirche, das heißt, die übergeordnete Struktur auf diözesaner oder landeskirchlicher Ebene, funktioniere auch ohne den Unterbau der Gemeinden. Als eine gesellschaftliche Größe, die sich in ethische Diskussionen einmischt, die mahnt, ermutigt oder tröstet. Ich glaube, wer so denkt, ist – ich nenne es einmal – in die „Aufmerksamkeitsfalle“ getappt. Natürlich: Es sind die Kirchenleitungen, EKD und Bischofskonferenz, Bistümer und Landeskirchen, Vatikan und Weltkirchenrat die Aufmerksamkeit generieren für kirchliche und religiöse Themen, sie sind die Sprachrohre der Kirchen; etwas, was der einzelnen Gemeinde nur selten gelingt.

Aber: die Unmittelbarkeit des Glaubens, Glaube als Begegnung, als Miteinander – das ist das große Pfund der Gemeinden. Und je größer Gemeinden durch Zusammenlegungen und Fusionen werden, desto mehr wird dieses Pfund geschmälert. Ja, Gemeinden verlieren Mitglieder, verlieren vielleicht auch an Attraktivität; natürlich sind gut besuchte Gottesdienste, große kirchliche Events eindrucksvoll und können den Glauben stärken, doch Christen müssen sich meiner Meinung nach hüten vor der „Faszination der großen Zahlen“. Die erste Gemeinde auf europäischem Boden in Philippi (Apostelgeschichte 16) begann mit der Purpurhändlerin Lydia und ihrem Haushalt. Wie sehen Sie das Thema?

Editoral, Image 07-2025

Regina Michalski